In vielen deutschen Städten ist das Leben vor allem wegen der rasant gestiegenen Mieten enorm teuer geworden. Das zeigt nicht zuletzt das Projekt #MeineMiete der Süddeutschen Zeitung. Besonders schwierig ist es naturgemäß für Niedrigverdiener, ihren Lebensunterhalt in Städten wie München oder Frankfurt am Main zu bestreiten.
Deutlich wird das nun einmal mehr in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Susanne Ferschl. Die wollte vom Bundesarbeitsministerium wissen, wie hoch der Mindestlohn theoretisch sein müsste, um mit einem Vollzeitjob in den jeweiligen Städten auf ein Einkommen oberhalb des Hartz-IV-Anspruchs zu kommen – also auf ein Gehalt, das über dem Regelbedarf von 416 Euro plus den anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung liegt.
Das Ergebnis: Wegen der hohen Wohnkosten reichen in 63 von 401 Kreisen und kreisfreien Städten für einen Single die heutigen 8,84 Euro Mindestlohn in der Stunde bei einer 37,7-Stunden-Woche nicht, um über diese Schwelle zu kommen. Im kommenden Jahr wird der Mindestlohn zwar auf 9,19 Euro erhöht, das verkündete kürzlich die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Gewerkschaften.
Stand jetzt aber würden diese 9,19 Euro in 27 Kreisen ebenfalls nicht reichen, um auf ein Gehalt zu kommen, bei dem kein Anspruch auf weitere Hilfen besteht. Besonders hoch müsste der Mindestlohn für ein Einkommen jenseits der Grundsicherung in Städten ausfallen, in denen auch die Mieten hoch sind: In Frankfurt etwa wären der Antwort der Bundesregierung nach 10,19 Euro notwendig, in Berlin 9,12 Euro. Besonders viele bayerische Städte und Kreise rangieren weit oben; etwa der Landkreis München mit 10,37 Euro, Ebersberg mit 10,19 Euro oder Kelheim mit 10,12 Euro. Am anderen Ende finden sich Kreise wie Freyung-Grafenau in Niederbayern, wo statistisch 7,52 Euro in der Stunde reichen für ein Einkommen über der Hartz-IV-Schwelle, oder das thüringische Gotha mit 7,75 Euro.
Quelle 1: Süddeutsche
Quelle 2: Die Linke im Bundestag
dazu: Wer nicht bremst, verliert
Die SPD gibt in einer der zentralen sozialen Fragen klein bei. Wieder einmal. Dabei hätte hier sogar Symbolpolitik geholfen
Eine Erkenntnis geht um unter Sozialdemokraten: Mieten sind die soziale Frage unserer Zeit. So hat es Andrea Nahles konstatiert, ebenso Katharina Barley. Das war im vergangenen Mai. Zwei Monate später, im Juli 2018, zeigt sich, wie die SPD „die soziale Frage der Zeit“ anzugehen gedenkt: mit – inzwischen zu einer Art Markenzeichen gewordener – sozialpolitischer Anspruchslosigkeit. Denn letztlich ist der Kampf gegen steigende Mieten genau das: eine sozialpolitische Aufgabe.
Vergangene Woche hat Justizministerin Barley den überarbeiteten Referentenentwurf zur Ergänzung der Mietpreisbremse vorgelegt. Die vorherige, erste Fassung hatte zwar einige Verschärfungen vorgesehen, die dringend notwendige Bremse hatte das Justizministerium aber schon damals nicht gefunden. Die nun veröffentlichte Fassung ist im Vergleich dazu ein Rückschritt. Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), erklärte dann auch: „Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf zu einem Mietrechtsanpassungsgesetz ist enttäuschend und bleibt deutlich hinter unseren Forderungen und den Erwartungen von mehr als 40 Millionen Mieterinnen und Mietern zurück.“ Es handele sich allenfalls um einen „Papiertiger“ – eine Charakterisierung, mit der die Mietpreisbremse inzwischen fast schon gewohnheitsmäßig beschrieben wird.
Quelle: der Freitag
dazu auch: GBW-Verkauf: “Was mit den Mietern ist, das ist ihm doch wurscht”
Ein Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag soll derzeit klären, ob die Staatsregierung wirklich keine andere Wahl hatte, als die Wohnungen der staatlichen GBW zu privatisieren. Die Mieter der GBW sind enttäuscht – auch, weil jetzt teure Sanierungen anstehen, die vielen überflüssig scheinen.
Quelle: Süddeutsche
Anmerkung JK: Wieder zeigt sich, dass das neoliberale Dogma, dass privatwirtschaftlich angeblich alles besser sei als in öffentlicher Hand, ein Lügenmärchen ist, bei dem es nur darum geht, öffentliches Eigentum der privaten Profitgenerierung zu überantworten. Der Titel beschreibt es treffend, für private Investoren zählt nur die Rendite, sonst nichts. Während die öffentliche Hand den Interessen der Bürger verpflichtet ist (sein sollte) und ebenso der demokratischen Kontrolle unterliegt.